Sascha lernt laufen. Sascha ist zehn.
Vor sechs Jahren kam er hierher ins Heim.
Er kann schon selber im Gitterbett,
wenn er sich anstrengt und festhält, aufstehen.
Noch vor zwei Jahren wurde er gefüttert.
Jetzt isst er selbstständig seine Spaghetti mit Tomatensoße.

Sascha übt täglich mit Schwester Grit.
An ihren Händen kann er sich festhalten.
Nach vier, fünf Wochen nur eine Hand
und für die andere Hand nur ein Riemchen.
Zwölf Wochen üben, dann klappt es schon,
dass er an einer Hand mit Schwester Grit durch den Flur geht spazieren.

Sascha lernt laufen. Er strengt sich an,
weil Schwester Grit ihn dann kuschelt und streichelt.
Sie ist so lieb und lobt ihn oft.
Jetzt müssen sie mit der anderen Hand üben.
Nach vierzig Wochen ist es soweit:
Sascha geht zum ersten Mal sieben Schritte allein durch das Zimmer.

Doch im September wird Sascha krank.
Vier Wochen Bettruhe, dann wieder üben.
Sascha fällt häufig, alles verlernt.
Wieder beginnt Schritt für Schritt jede Übung.
Lob und Geduld, Küsse und Fleiß
und im Dezember geht Sascha dann wieder vier Schritte alleine.

Sascha lernt laufen. Er hat ein Ziel.
Selbstständig loslaufen üben sie täglich.
Aber im Sommer, sagt Schwester Grit,
möchte sie, dass er allein vor das Haus geht.
Denn im August hat sie Geburtstag
und Sascha will ihr die Freude bereiten und selbst Blumen pflücken.

Von Gerhard Schöne