Verschobene Operationen, Angst der Patienten vor Krankenhäusern und Arztpraxen, Vorhaltung freier Kapazitäten: Als Folge der Corona-Krise sind 410.000 Beschäftigte in Kurzarbeit. Immer mehr Kliniken und Praxis stehen vor dem finanziellen Kollaps.

Bilanz Stand Ende Juli: Wie unter anderem das Handelsblatt berichtete, haben bis Mai bundesweit rund 1200 Krankenhäuser und knapp 48.300 Arzt- oder Zahnarztpraxen Kurzarbeit für insgesamt rund 410.000 Beschäftigte angemeldet. Das sind 62 Prozent der Kliniken und 69 Prozent aller Arztpraxen.

Kurzfassung:

  • Fast 80 Prozent dieser Beschäftigten in Kurzarbeit kommen aus Praxen niedergelassener Ärzte.
  • Bereits in der letzten Märzwoche gingen die Arztbesuche je nach Fachrichtung um 37 bis 64 Prozent zurück. Besonders stark waren die Rückgänge bei Haut-, Hals-Nasen-Ohren- und Augenärzten, Orthopäden, Kinderärzten und Radiologen.
  • Die Zahl der Augenarztbesuche ging in der letzten Märzwoche um 64 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. 6 Prozent der Augenärzte rechneten keinerlei Leistungen mehr mit den Krankenkassen ab und haben ihre Praxis (wahrscheinlich dauerhaft) geschlossen.
  • Der Trend geht nun zur telefonischen Beratung und Videosprechstunden. So gabe es bereits in den letzten beiden Märzwochen im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme um rund 330.000 telefonische Sprechstunden. Bei den Videosprechstunden lag die Zunahme bei rund 127.000 im Vergleich zu 2019.

Finanzielle Nothilfen für Krankenhäuser und Arztpraxen

Krankenhäuser erhielten durch das „Krankenhausentlastungsgesetz“ laut Tagesschau bis Mitte Juli 6,6 Milliarden Euro für die Kompensation leerer Betten und verschobener Operationen.

Niedergelassene Ärzte erhalten Soforthilfe, um wirtschaftliche Schwierigkeiten durch Honorarrückgang, Einschränkung der Praxisausübung bzw. Nichterfüllbarkeit kurzfristiger Zahlungsverpflichtungen abmildern. Zum Beispiel in NRW konnten Praxen mit bis zu 5 Beschäftigten 9.000 Euro, bis zu 10 Beschäftigte 15.000 Euro und bis zu 50 Beschäftigte 25.000 Euro erhalten. Diese Hilfen sind bisher nicht verlängert worden.

Für frei gehaltene Betten bekommen die Krankenhäuser vom Staat zwar eine Pauschale von 560 Euro pro Tag. Gerade bei größeren Kliniken reichen die Ausgleichszahlungen aber nicht, um die fehlenden Einnahmen zu kompensieren. Eine Befragung unter mehr als 600 Kliniken ergab, dass die staatlichen Hilfen die Verluste nicht ausgleichen. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Situation der Kliniken dadurch deutlich verschlechtert.

Wie wird der Winter für Arztpraxen?

Arztpraxis Warteschlange Msken

Hausarztpraxis mit Warteschlange vor der Tür. Bild: Jörg Gastmann

Arztpraxen sind durch Verordnungen gezwungen, Mindestabstände und Mund-Nase-Bedeckungen durchzusetzen.

Da die Wartezimmer kaum Platz für die Wartenden bieten, sind die Ärzte gezwungen, ihre Patienten vor der Tür warten zu lassen.

Ein typisches Beispiel ist diese Hausarztpraxis: 1 Patient befindet sich im Wartezimmer, einer wartet am Empfang, der Rest wartet vor der Tür, größtenteils stehend.

Wo vorher durchschnittlich rund 12 Patienten warteten, sind es nun 7. Der Rest hat aufgegeben oder kommt gar nicht erst.

Noch ist schönes Wetter. Was wird passieren, wenn es im Winter kalt und ungemütlich wird? Es ist absehbar, dass noch weniger Patienten bereit sind, draußen zu warten.

Da die Umsätze dadurch weiter zurückgehen, wird die Kurzarbeit weiter steigen. Mehr Arztpraxen werden schließen müssen.